
Traum
Sternchen“, sagte er. Nichts weiter.
„Sternchen, also“, dachte ich und wusste, dass dieses Codewort mich begleiten würde – vielleicht ein Leben lang.
Die Sterne am nächtlichen Himmel spannten den Bogen zwischen den Städten, die wir bewohnten. Nacht für Nacht betrachteten wir den Himmel – jeder für sich – und tauchten in den Sternensee ein. Nichts konnte uns davon abhalten, weder Wolken noch Nebel. Wir wussten, sie waren da, die Sterne. Verlässlich. Nacht für Nacht.
In unseren Träumen bildeten die Sterne einen Pfad, auf dem wir uns bewegen konnten. Erst kletternd, dann tanzend und schwebend glitten wir von einem Himmelskörper zum nächsten. Es glänzte und glitzerte. In unseren Schlafanzugtaschen sammelten wir Sternenstaub, um ihn später den Liebsten ins Haar zu streuen.
In besonderen Nächten begleitete der Mond unseren Weg. Ausgelassen schaukelten wir auf seiner Sichel und hörten den Mondmann fröhlich musizieren. Nach diesen Mondnächten fand ich morgens gewiss einen Mondblumenstrauß auf meinem Nachtkästchen.
6.1.2021

Es ist Zeit Sich den Fragen zuzuwenden Den großen Fragen Des Lebens Es ist Zeit, die richtigen Fragen zu stellen Es ist Zeit zu fragen. Verändert der Mond seine Farbe, wenn der Mann im Mond lacht? Und worüber lacht er gerne? Und vor allem: Mit wem? Und: Träumt der Mann im Mond manchmal Von der Frau im Mond? Und wenn sie dann da ist, verändert der Mond dann seine Farbe und erstrahlt viel öfter in leuchtendem Rot? Was empfindet der Geigenbogen, wenn er nach dem Konzert mit der Geige im Geigenkasten liegt? Ist er eins mit der Geige Oder wäre er lieber allein? Hat er Sehnsucht nach einer Bogin Oder genügt ihm sein Dasein So wie es ist? Träumt er von tanzenden Noten, schrillen Tönen und heller Musik? Würde er gerne einen neuen Reigen Mit der Geige beginnen Oder wünscht er sich Schlummernd ins Musiktraumland zu driften? Wohin läuft die Zeit, wenn sie mir davonläuft? Und: Wie lange läuft sie dann? Und: Habe ich jemals die Chance Ihr hinterherzukommen, Sie einzufangen, sie zurückzuholen, und wenn nicht: Was macht sie so allein? Und: Wer bin ich So ohne Zeit? Quirlen die sieben Farben des Lichts Immer auf den Sonnenstrahlen, oder nur, wenn Regentropfen sie benetzen? Oder: Schlafen sie im Wasser Und warten darauf, von Sonnenstrahlen geweckt zu werden? Und: Was passiert, wenn eine der sieben Farben verloren geht? Ist dann alles nur gelb? Und: Warum ist das Glitzern am Meer Kristallweiß und nicht bunt? Mögen die sieben Farben das Salzwasser nicht? Warum wirft das Licht manchmal Seine Farben bogenartig in die Luft, bis sie sich zusammenstreifen und kein Ende und keinen Anfang mehr finden? Wie geht es dem Löwen Wenn er, Rein zufällig, an einem Löwenzahn vorbeischleicht? Tastet er mit der Zunge Sein eigenes Gebiss ab und hat er Angst, dass seine Zähne plötzlich weich und grün sind? Ist er dann gekränkt, dass ein blättrig Spielzeug der Natur seinen Namen trägt? Oder: Ist er stolz, dass sein Name weit verbreitet wird? Überlegt er, die Schirmchen Aneinander zu weben, damit er im Regen Schutz finden kann? Wird die junge Kokospalme Mit der Kokosmilch gesäugt? Oder: Zieht der Zehnfußkrebs damit seine Jungen auf? Es ist Zeit Die Gedanken im Kopf Karussell fahren zu lassen Sie drehen und drehen und drehen zu lassen Bis einer nach dem anderen Abspringt Und wegläuft Um die Antworten zu finden auf die Fragen. Auf die wirklich wichtigen Fragen des Lebens. 11.4.2019
LANDUNG Du träumst von Mädchen mit Kaleidoskopaugen in Pulli und Jeans und triffst doch nur ausgemergelte Models in Designerklamotten. Du gehst der Annonce vom Wolkenkuckucksheim nach und findest dich in einem teilentkernten Haus mit Schutt und Asche. Du wandelst in Blumengärten und Pinienwäldern und inhalierst dabei die Abgasluft am Margarethengürtel. Du orderst ein Zeitungstaxi mit Cellophanblumen, knallgelb und rot und es holt dich ein alter Mercedes Benz mit grünem Wunderbaum. Du gleitest in deiner Schlafgondel durch die Kanäle Venedigs und erwachst auf einem Öltanker im Gelben Meer. Du freust dich auf frisches Gemüse in Regenbogenfarben auf goldenen Glastellern und beißt in den klebrigen Kaugummiburger auf ketchupmatschiger Pappe. Du schlürfst Champagner aus pastellenen Muranogläsern und versaust deine Chiffonbluse mit Colaspritzern aus dem Plastikbecher. Du wartest auf ein Leben mit Tanz und Musik und Lachen und Lieben und verharrst unter deiner grauen Alltagsdecke. 4.6.2017